Weten: Plattdeutsch im Baltikum

In der Rubrik ›Weten präsentieren wir Informationen über die plattdeutsche Sprache und die mit ihr verbundene Kultur.

Dieser Text befasst sich mit dem Plattdeutschen im Baltikum, also in Estland, Lettland und Litauen. Das Memelland im Südwesten Litauens gehört heute ebenfalls zu dieser Region, war aber bis 1945 Teil von Ostpreußen und teilt daher dessen Geschichte und nicht die der baltischen Staaten.

Das Plattdeutsche gelangte mit deutschen Kaufleuten, Seeleuten und Eroberern auf der Ostsee ins Baltikum. Wann zuerst Deutsche ins Baltikum gelangten, ist nicht genau feststellbar, aber die Präsenz von Deutschen im Baltikum ist für das 12. Jahrhundert nachweisbar. Maßgeblich waren hier die Kolonisation durch den Schwertbrüderorden, den Deutschen Orden und die Kauffahrtei der Hanse. Kaufleute und Ordensbrüder gründeten Städte und die Oberschicht dieser Städte sprach Plattdeutsch. Auch im ländlichen Raum breitete sich das Plattdeutsche durch deutsche Gutsbesitzer aus, blieb hier aber auf eine sehr kleine Oberschicht begrenzt.

Dies blieb so bis ins 17. Jahrhundert. Nachdem Hochdeutsch das Mittelniederdeutsch der Hanse als Schriftsprache verdrängt hatte, übernahmen auch die Städte des Baltikums das Hochdeutsche als Sprechsprache. Dieser Übergang erfolgte hier im Vergleich mit anderen Regionen sehr rapide, da es kein ländliches, plattdeutsch sprechendes Hinterland gab, das durch Beibehaltung des Alten diesem Wandel hätte entgegenwirken können. Als August Wilhelm Hupel 1795 sein Idiotikon der deutschen Sprache in Lief- und Ehstland veröffentlichte, schrieb er: ohne einmal in Anschlag zu bringen, daß manche eigne Redensarten oder gar Unrichtigkeiten mit unterlaufen, ingleichen daß man noch in manchen Häusern platt- oder niederdeutsche Wörter hört. Zu dieser Zeit war die Benutzung des Plattdeutschen also weitgehend außer Gebrauch gekommen, wenn auch nicht völlig vergessen.

Seitdem ist das Plattdeutsche im Baltikum komplett verschwunden. Wenn man mal von den plattdeutschen Seeleuten und Schiffern absieht, die während all dieser Zeit ja weiter die Ostsee befuhren und Handel trieben. Geblieben ist die Sprache aber in Form von plattdeutschen Wörtern, die in das Estnische, das Lettische und das Litauische übernommen worden sind.