Weten: Die Bibel auf Platt

In der Rubrik ›Weten präsentieren wir Informationen über die plattdeutsche Sprache und die mit ihr verbundene Kultur.

Martin Luther wird mit seiner hochdeutschen Bibelübersetzung gerne (teil)verantwortlich gemacht für den Niedergang des Plattdeutschen. Und ein Faktor war er sicher. Was aber viele nicht wissen: noch bevor Martin Luther seine Bibel veröffentlichte, lag sie vollständig ins Plattdeutsche übersetzt vor. Während Luther die Bibel ins Hochdeutsche übersetzte, arbeitete sein Weggefährte Johannes Bugenhagen zeitgleich an der plattdeutschen Version, die 1533/1534 erschien und „Lübecker Bibel“ genannt wird. Erst später im Jahr 1534 war auch Luther mit seiner Ausgabe fertig.

Aber Luther und Bugenhagen waren gar nicht die ersten, die die Bibel übersetzten. Lediglich die ersten, die sie anhand des griechischen Originaltextes übersetzten. Vorher gab es bereits Übersetzungen der lateinischen Vulgata, die von den Reformatoren aber nicht als Originaltext akzeptiert wurde.

Die erste plattdeutsche Bibel war die Kölner Bibel von 1478. Köln war hier nur Druckort, denn die Bibel richtete sich nicht nach der Sprache Kölns, sondern nutzte ein Mittelniederdeutsch, wie es der Hanse als Handelssprache diente. Zeitgleich erschien in Köln übrigens eine zweite Variante derselben Bibel in Niederfränkisch (also Niederländisch), da bereits zu dieser Zeit Niederländisch und Plattdeutsch als zu verschieden für eine gemeinsame Ausgabe empfunden wurden.

Weitere plattdeutsche Bibeln erschienen 1494 in Lübeck und 1522 in Halberstadt.

Von 1534 bis 1622 erschien die Lübecker Bibel nach Bugenhagen bei verschiedenen Buchdruckern in ca. 25 Auflagen und erfreute sich im Norden Deutschlands großer Beliebtheit. Nach dieser Zeit wurde die Lübecker Bibel aber von der Lutherbibel verdrängt und Hochdeutsch wurde alleinige Kirchensprache in ganz Plattdeutschland.

Erst nachdem Plattdeutsch durch die Arbeiten von unter anderem Fritz Reuter und Klaus Groth im 19. Jahrhundert wieder auflebte, wurde auch wieder an einer plattdeutschen Bibel gearbeitet. Der Pastor Johannes Paulsen überarbeitete die Lübecker Bibel und übertrag das Neue Testament in ein moderneres Plattdeutsch. Dat Nie Testament: vun unsen Herrn un Heiland Jesus Christus na de plattdütsche Oewersettung vun Johann Bugenhagen erschien 1885. 1929 veröffentlichte dann Ernst Voß seine Übertragung des Neuen Testaments ins Mecklenburgische: Dat Ni Testament för plattdütsch Lüd in ehr Muddersprak äwerdragen.

Oldig Boekhoff veröffentlichte 1915 Dat näie Testament in dat ostfräske Plattdüts un 1983/1984 Gerrit Herlyn Dat Neei Testament: Weergeven un wiedergeven in oostfreeske Taal.

Eine Schleswiger Variante des Neuen Testamentes wurde 1933 durch Johannes Jessen veröffentlicht und eine Holsteiner 1975 durch Rudolf Muuß (Dat Niee Testament: plattdüütsch). Eine Holsteiner Version der gesamten Bibel kam 1996 bis 2003 durch Karl-Emil Schade hinzu (Altes Testament 1996, Neues Testament 2003).

Eine Übertragung des Alten Testaments ins Mecklenburgische basierend auf der Stuttgarter Ausgabe wurde 2016 von Gerhard Amtsberg fertiggestellt.

Eine Übertragung des Neuen Testaments ins Plautdietsche wurde 1988 von John J. Neufeld geliefert, die 2003 von Ed Zacharias um das Alte Testament ergänzt wurde. Eine Übersetzung der ganzen Bibel ins Plautdietsche aus einer Hand wurde 2008 von Jehaun Friese angefertigt.