Weten: Plattdeutsch in den Niederlanden

In der Rubrik ›Weten präsentieren wir Informationen über die plattdeutsche Sprache und die mit ihr verbundene Kultur.

In den Niederlanden werden im Nordosten Dialekte gesprochen, die untereinander gemeinsame Merkmale haben, die sie vom Niederländischen unterscheiden und gleichzeitig mit dem Plattdeutschen auf der anderen Seite der Staatsgrenze übereinstimmen. Mit anderen Worten: das Plattdeutsche setzt sich im Nordosten der Niederlande fort. Es ist eine einzige gemeinsame Sprache.

Allerdings ist der Begriff „Plattdeutsch“ in den Niederlanden nicht üblich. Die Sprecher sehen sich als Niederländer und nicht als Deutsche. Der Begriff „Plat“ (ohne „deutsch“) ist dort zwar zu hören, bezeichnet aber alle Dialekte, auch diejenigen, die eindeutig nicht dem Plattdeutschen angehören. Die Sprecher im Nordosten benennen ihre Sprache meistens nach ihrer Region bzw. Provinz. Also Gronings, Drents, Twents etc. Wenn die Gruppe aller Dialekte bezeichnet werden soll, die enger mit dem Plattdeutschen als mit dem Niederländischen verwandt sind, wird der Begriff „Nedersaksisch“ verwendet. Das bedeutet „Niedersächsisch“ und bezieht sich darauf, dass die Sprache vom Altsächsischen abstammt. Ein direkter Bezug zum Bundesland Niedersachsen besteht also nicht. Der Begriff „Nedersaksisch“ entstammt allerdings nicht dem Volksmund. Es ist ein etwas akademischer Begriff, so als wenn man Plattdeutsch „Niederdeutsch“ nennt.

Ein Bewusstsein dafür, dass die Sprache im Norden Deutschlands und im Nordosten der Niederlande ein und dieselbe Sprache sind, herrscht beim Durchschnittssprecher kaum. Aber aus sprachwissenschaftlicher Sicht gibt es daran keinen Zweifel.

Man muss dazu sagen, dass die Plattdeutschen viele Begriffe aus dem Hochdeutschen übernommen haben und die Nedersaksisch-Sprecher aus dem Niederländischen. Umso moderner das Thema, umso größer dürften die Verständnisschwerigkeiten sein. Wenn allerdings ein alter Bauer aus dem Münsterland und ein alter Bauer aus Twente sich in ihrem jeweiligen Dialekt über die Landwirtschaft von früher unterhalten, dann werden sie kaum merken, dass sie überhaupt unterschiedliche Dialekte sprechen.

Daher muss man sich etwas auf die Wurzeln besinnen, um die Gemeinsamkeiten zu erkennen. Es besteht aber kein Zweifel daran, dass zum Beispiel das Gronings und das Ostfriesische quasi derselbe Dialekt sind. Beides ist Niedersächsisch gesprochen von Friesen und durchsetzt mit Wörtern, die aus dem Friesischen übernommen wurden.

Spätestens seit in den 1990er Jahren die Bundesrepublik Deutschland Plattdeutsch und das Königreich der Niederlande Nedersaksisch einen Schutzstatus entsprechend der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen zuerkannt haben, ist das Bewusstsein für die Gemeinsamkeiten gestiegen. So gibt es mittlerweile Bemühungen, die Unterschiede in der Schreibweise beider Sprachen durch eine gemeinsame Schreibweise zu bewältigen (➜ Rechtschreibung).