Weten: Rechtschreibung des Plattdeutschen

In der Rubrik ›Weten präsentieren wir Informationen über die plattdeutsche Sprache und die mit ihr verbundene Kultur.

Die am weitesten verbreitete Orthographie des Plattdeutschen ist die von Johannes Sass. Auch Plattmakers folgt ihr weitgehend. Kennzeichen sind zum Beispiel die Verdopplung von Vokalen wie im Niederländischen („Maat“ und nicht etwa „Mat“) und ansonsten eine starke Anlehnung an hochdeutsche Muster, wie zum Beispiel der Verwendung des h an allen Stellen, wo das Hochdeutsche es ebenfalls verwendet (etwa „Kehr“ statt „keer“).

Neben der Sass-Schreibweise haben sich in den einzelnen Regionen eigene Schreibtraditionen herausgebildet, die sich teils enger, teils weniger eng an die Sass-Schreibweise anlehnen. Im Mecklenburgischen beispielsweise wird von vielen Autoren eine Schreibweise bevorzugt, die sich an Fritz Reuter anlehnt und dann „Mat“ schreibt und nicht etwa „Maat“.

Das Westfälische hat durch seine Vokalbrechung („briäken“ statt „breken“) leicht andere Anforderungen an die Orthographie und hat daher ebenfalls eine separate Schreibtradition beibehalten.

Für das ostfriesische Plattdeutsch hat die Ostfriesische Landschaft Schreibregeln zusammengestellt, die sich weitgehend an Johannes Sass anlehnen, aber sie in einigen Punkten erweitern, die Merkmale der typisch ostfriesischen Sprache betreffen.

Das Ostfälische hat eigene Traditionen bei der Schreibung der Vokale entwickelt, die teilweise deutlich vom restlichen plattdeutschen Sprachraum abweichen.

Das Brandenburgische lehnt sich in seinen Schreibtraditionen weitgehend an die benachbarten Sprachräume an, da das Brandenburgische bereits großräumig im Niedergang befindlich war, als sich großlandschaftliche Schreibtraditionen erst herausbildeten.

Die Sprecher im Raum der Neumark und von Pommern sowie West- und Ostpreußen wurden 1945 vertrieben. Ihre Dialekte wurden seitdem noch von vereinzelten Autoren niedergeschrieben, die dabei aber in der Regel alten Schreibtraditionen verhaftet blieben. Ihre Schreibweise ähnelt am ehesten der des Mecklenburgischen.

Das Plautdietsche der Mennoniten wurde erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu einer häufiger geschriebenen Sprache. Es hat sich dabei orthographisch an vorhandenen Orthographien des Niederpreußischen orientiert, wobei die spezifischen Eigenheiten des Vokalstandes Beachtung fanden, die bereits im Wort Plautdietsch zu Tage treten: „au“ statt kurzem „a“ und „ie“ statt „üü“.

Das Pomerano in Brasilien hat bisher nur schwache Schreibtraditionen ausgebildet, da die Gruppe klein ist und die Sprache sehr lange überhaupt nicht geschrieben wurde. Man schrieb hochdeutsch oder portugiesisch. Zu den Pionieren des Pomerano gehört Ismael Tressmann. Er verwendet eine Schreibweise, die sich recht weit von deutschen oder niederländischen Wortbildern entfernt. So wird „Hochtietslüüd“ etwa „hochtijdslüür“ geschrieben. Tressmann übernimmt hier also beispielsweise nicht die Großschreibung der Substantive.

Noch stärker weichen die Schreibtraditionen im Nordosten der Niederlande ab, wo Schriftsteller sich stets an niederländischen Schriftbildern orientiert haben.

Im 21. Jahrhundert haben sich Bewegungen herausgebildet, die den Gegensatz zwischen deutschen und niederländischen Schreibtraditionen überwinden wollen. Einer der Pioniere war Reinhard F. Hahn, der die Algemeyne Schryvwyse entwickelte. Weitere Schritte waren die Intersaksische Schriivwise und die Nysassiske Skryvwyse. All diese Schreibweisen haben über das Internet hinaus keine nennenswerte Verbreitung in der plattdeutschen Literatur gefunden. Sie sind aber Ausdruck eines Bedürfnisses, eine eigene Identität zu entwickeln, die in der Lage ist, die Sprecher der Sprache zu vereinen statt entlang politischer Grenzen zu spalten.