So mancher, der dieses Buch zum ersten Mal in die Hand nimmt, wird sich fragen: Noch einmal eine Darstellung von Fritz Reuters Leben und Werk, was soll das? Kann dieses Buch von Martin Schultz noch etwas Neues bieten? Es kann! Das spürt der Leser – ob er nun Literaturwissenschaftler ist oder nicht – schon gleich auf den ersten Seiten bei der Darstellung des »langen Weges« Fritz Reuters vom Bürgermeistersohn der Kleinstadt Stavenhagen bis zum bedeutenden deutschen Dichter und Schriftsteller. Dabei liest sich das alles dank der eingängigen Diktion des Autors wie ein spannendes Buch, und es werden nicht nur die Ergebnisse der früheren Reuterforschung (zum Beispiel von Kurt Batt) aufgenommen, sondern sie werden auch in so mancher Hinsicht vertieft und weitergeführt. Ein Schwerpunkt ist dabei die oft neue Sicht, wie Reuter aus seinem jeweiligen Gemütszustand heraus die einst lebenden Urbilder seiner Figuren umgeformt und neu dargestellt hat. Äußerst geschickt werden die auf den ersten Blick kaum zu vereinbarenden Gegensätze glänzend erklärt und gewürdigt, zum Beispiel zwischen den lyrisch-harmonischen Naturschilderungen und dem grausam-tragischen Geschehen in »Kein Hüsung« oder in »Ut mine Stromtid« zwischen den burlesk-komischen Szenen (zum Beispiel Bräsig in’n rhinschen Kirschboom) und dem zum Herzen gehenden Ernst (zum Beispiel bei dem Trost Bräsigs für seinen Freund Hawermann oder in seiner Begegnung mit Axel von Rambow).
Wir empfehlen dem Leser, dieses Buch zu lesen und sich daran zu erfreuen.
Hans Joachum Gernentz